Gamifikation als neue Lehrmethode sinnvoll? | Tagebuch einer Studentin | KW 20

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Die meisten von euch wird „Gamifikation“ wohl eher weniger sagen. Im Studium wird diese Art der Wissensvermittlung und der Lehre eher weniger angewendet, in der Schule heißt es platt „spielerisch lernen“. Daher erstmal ein paar Hintergrundinformationen:

Gamifikation heißt so viel mehr und gibt auch viel mehr her als man das eben aus der Schule kennt, wo nur der ambitionierte Referendar sich etwas Ausgefallenes einfallen lassen muss, weil gerade ein Unterrichtsbesuch ansteht.

Grundlegend meint Gamifikation die Übertragung typischer Spielelemente in einen Spielfremden Kontext, so z.B. fachbezogenes Wissen. In meinem konkreten Fall ist es eben der universitäre Kontext, d.h. es geht um fachwissenschaftliches Wissen, das aufgebaut, vertieft und angewendet werden soll. Alles auf einmal, alles in einem Konzept. Der feuchte Traum eines jeden Pädagogen, oder? Aber es geht noch besser: Die eben genannten Spielelementen erhöhen zudem die Motivation ungemein. Ich meine, wer will seinem Helden nicht die beste Rüstung beschaffen und gleichzeitig mit den gesammelten Erfahrungspunkten seinen Sitznachbarn in der Highscore-Liste überholen? Ich glaube, Du verstehst, was ich meine.

Gamification als neue Lehrmethode

Vielleicht sollte ich gleich vorweg nehmen, dass ich ein großer Fan dieser Lehrmethode bin – wenn es so gut gemacht ist wie in dem Beispiel, dass ich euch gleich vorstellen möchte. Dementsprechend wird das hier keine pädagogisch objektive Analyse, sondern mein ganz persönlicher Eindruck.

Gamifikation statt langweiliger Übung

In meinem Fall ist das Spiel in eine Übung zu einer Vorlesung eingebunden, bzw. ersetzt diese. Die Prüfung zur entsprechenden Vorlesung hatte so eine hohe Durchfallquote, dass aus dem Ziel, etwas zu verbessern, dieses Spiel entstanden ist. Aber es wurde eben nicht von Dozenten entwickelt, sondern von Masterstudenten selbst – und die wussten eben genau, woraus es ankommt.
Entstanden ist ein textbasiertes Online-Rollenspiel, bei dem man die Rasse seines Helden und dessen Name und Geschlecht wählen, sich Erfahrungspunkte erspielen, damit höhere Level erreichen kann und sich einer Gilde anschließen muss, um noch mehr Erfahrungspunkte zu erhalten. Zusätzlich gibt es Achievements (Errungenschaften) oder Titel, die man sich zusätzlich als weitere Motivation erspielen kann.

Jeder hat also seinen Helden, mit dem er auf die Reise geht. Dabei steht nicht nur eine komplett neu und von den Studierenden erfundene Geschichte, die man sich durchlesen kann, sondern auch tolle Illustrationen. Man muss eben nur ein bisschen Fantasie mitbringen. Dann kann man auch drüber hinweg sehen, dass man einen Zombie ja eigentlich nicht unbedingt mit dem Wissen über Begriffsordnungen besiegen kann – aber in dieser Welt funktioniert das halt so und das ist auch ok. Es ist eben ein Studierenden-Projekt.

Erfahrungspunkte sammeln in der Praxis

Praktisch sieht die Sache mit den Erfahrungspunkten also so aus: Zwischen den Textelementen stößt der Held natürlich immer wieder auf Gegner oder Rätsel, die es zu lösen gilt. Das können Aufgaben unterschiedlichster Art sein. Lückentexte, Multiple Choice, Drag & Drop, Kreuzworträtsel oder auch ganze Essays. Die werden entweder digital automatisch geprüft oder eben intellektuell von Tutoren. Für jede gelöste Aufgabe (man kann jede Aufgabe so oft machen, wie man will), gibt es zur Belohnung Erfahrungspunkte. Umso mehr Erfahrungspunkte, umso höher das Level. Wobei gewisse Level innerhalb gewisser Fristen erreicht werden müssen. Macht man bis zum Ende der letzten Frist, noch Zusatzaufgaben, kann man sich bis zu einem ganzen Notenpunkt Verbesserung für die entsprechende mündliche Prüfung erspielen, d.h. liegt die Note eigentlich bei 3,0, bekommt man für die viele Arbeit dann eine 2,0. Das ist doch ein Deal, oder?

Allein schon durch Spielelemente wie das Leveln, der damit einhergehenden Highscore-Liste und dem Notenbonus ist bei mir die Motivation unsagbar viel höher. Gut, ich bin auch sehr spieleaffin, d.h. ich springe auf so etwas immer an. Gib mir was zu leveln und ich rock dir das Ding. Natürlich gibt es aber auch Leute, die damit gar nichts anfangen können, für die gibt es die klassische Methode der Übung auch noch im Angebot.

Gamifikation geht auch in der Gruppe

Erfahrungspunkte bekommt man aber nicht nur, wenn man allein vor dem Rechner sitzt, es gibt auch Präsenzzeiten, bzw. Gildenquests (Gruppenaufgaben). Prinzipiell finde ich auch diese Art und Weise der Arbeit gut, allerdings ist das eben so eine Sache, wenn Du die Leute in deiner Gilde nicht kennst, d.h. Du weißt nicht, ob nicht alle Arbeit an dir kleben bleiben wird. T.E.A.M. – Toll Ein Anderer Machts. Man denkt, in der Uni hört dieses Verhalten endlich auf – aber nein.

Praktisch laufen auch die Gildenquests sehr unterschiedlich ab. Mal wird Jeopardy gespielt, mal PowerPoint-Karaoke oder manchmal werden wir über den Campus gescheucht und müssen uns Pokémon-like Orden an unterschiedlichen Orten verdienen.

Du siehst, dieses Konzept ist wirklich von vorne bis hinten toll durchdacht. Daher bin ich wie oben schon vorgewarnt begeistert von dieser Art der Wissensvermittlung. Man wird so auf eine sehr positive Art extrinsisch motiviert und durch die Beschäftigung mit dem Thema bleibt immer ein bisschen hängen. Selbst wenn man eine Aufgabe am Ende nur durch probieren herausbekommen hat, bleibt gerade das Ergebnis am Ende zumindest bei mir meistens doch hängen.

Jetzt bin ich gespannt auf deine Meinung! Was hälst Du von dieser Art der Lehrmethode? Würde dich das auch motivieren oder kannst Du damit einfach nichts anfangen?

Spielt jetzt weiter.
– missmoere

1 Response
  • Cristin S.
    Mai 22, 2016

    Solch eine ähnliche Lehrmethode habe ich letztens in einer Doku über Computerspiele gesehen. Da wurde das in einer (ich glaube) amerikanischen Schule im Mathematik-Unterricht angewendet und die Schüler waren begeistert. 🙂 Finde generell solche Methoden gut, wenn man dabei etwas lernt. So etwas behält man sich ja eher im Kopf als die pure, trockene Theorie. 😉

    Liebe Grüße,

    Cristin

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