Schubladendenken | In welcher Schublade sitze ich eigentlich?

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Auf meiner About Me Seite, habe ich ja schon angedeutet, dass ich oft und gerne in irgendwelche „Szenen“ oder Schubladen gesteckt werde, ich bin also Königin des Schubladendenkens – aus beiden Perspektiven.

Dabei empfinde ich Szenen, Subkulturen oder Schubladen (wie auch immer man es nennen möchte) nicht als negativ, ich fühle mich nur keiner wirklich angehörig.

Schubladendenken finde ich per se auch nicht verwerflich, im Gegenteil. Ich glaube, davon kann sich niemand komplett freisprechen und wer es doch tut, der macht sich selbst etwas vor. Ich gebe gern zu, wenn ich einen klischeebehafteten Hipster, Hopper oder Hopster auf der Straße sehe, geht in meinem Oberstübchen die entsprechende Schublade auf, der Hopster hopst hinein und da ist er dann. Bis er mir etwas anderes zeigt.

Ein anderes Beispiel außerhalb der Subkulturen:
Ich habe einen guten Freund und Kommilitone, der große Schwierigkeiten mit der deutschen Rechtschreibung hat und der deswegen erstmal nicht für voll genommen wird. Der Kerl ist clever, kritisch und hochinteressiert, aber die meisten lesen zwei Zeilen von ihm und er ist und bleibt abgestempelt als Philosoph, der nicht mal den Sinn von Kommata erfassen kann. Dabei ist er einer von den Guten und Intelligenten.

schubladendenken

Ein Problem beim Schubladendenken, bei dem ich wirklich fuchsig werde, sehe ich erst dann, wenn man diesem Menschen später nicht mehr die Chance gibt, aus dieser Schublade wieder auszubrechen. Das zieht aber nach sich, sich eingestehen zu müssen, dass man jemanden in die falsche Schublade gesteckt hat (Stichworte: Selbstreflektion und Toleranz). Vielleicht packt man ihn dann in die nächste und in die nächste. Und in die nächste. Vielleicht passiert es, dass man dann irgendwann eine passende Schublade findet, in der er sich wohl fühlt oder man entdeckt, dass man gar keine Schublade für eben diesen Menschen hat.

Auch das ist okay. Oder?

Lösungen gibt es dafür aber doch viele! Ich kann eine neue Schublade für ihn einrichten und meinen Schrank (oder Horizont) erweitern. Ich kann aber auch zusehen, wie er als Schubladen-Nomade von einer zur anderen wandert, aber eben nie lange bleibt. Oder ich kann damit leben und es akzeptieren, dass es keine Schublade für ihn gibt und er einfach auf dem Schrank sitzt, sich daran anlehnt oder davor tanzt.

Wieso ich in keine Subkulturen-Schublade passe

Der einfachste Grund ist: Ich habe keine Ahnung, wie es in einer Punk-, Gothic- oder Metal-Schublade aussieht, weil ich noch nie diesen klassischen Szene-Freundeskreis hatte. Ich habe die Blüte meiner Teenie-Zeit auf dem platten Land verbracht. Wir hatten doch sowas nicht!
Meistens bin ich also die einzig in Schwarz Gekleidete in einer Runde voller bunter Menschen. Die bunten Menschen haben mir aber eben die Chance gegeben, zu beweisen, dass ich keine Satansanbeterin, Kultistin oder böse Hexe bin.

Trotzdem wurde ich natürlich schon in einige Schubladen gesteckt. Möglicherweise fragst Du dich – wenn Du öfter hier oder auf Instagram vorbeischaust – in welche Du mich stecken kannst. Die Frage kann ich dir mit meinem persönlichen Schubladendenken zwar nicht beantworten, aber ich kann dir sagen, warum ich mich in folgenden Schubladen allein nicht wohl fühle – zumindest nicht zu 100%.

„Emo, Emo, Emo!“

Das wurde mir mal von einem Mädchen hinterher geäfft, an der ich vorbeigelaufen bin. Damals. Auf dem Land.

Nun, wer ein Kind der frühen 90er ist, hat die Hochphase der Emos vermutlich mitverfolgt, miterlebt oder – wie ich – mitgelebt. Allerdings bin ich aus dem Alter raus, meinen Scheitel so weit seitlich zu legen, dass meine Haare mindestens ein Auge komplett verdecken. Mit dem zweiten sehen Emos nämlich definitiv nicht besser.
Außerdem kann ich auch allein in Selbstmitleid baden – da brauche ich keine Schublade für, geschweige denn andere Leute, die mich darin noch bekräftigen.
Also: Nein, danke, aber ich bin zu alt für diesen Scheiß.

Ein Goth vielleicht?

Das einzige, was mich mit Gothic verbindet, ist das Wissen darüber, dass es in Gothic-Läden häufig hübsche Oberteile für mich gibt. Der Großteil des Kleidungsstils ist mir aber eben eine Nummer zu krass. Ich würde mich damit unwohl fühlen.
Darüber hinaus habe ich – ehrlich gesagt – keinen blassen Schimmer, wofür diese Menschen stehen oder was sie so vom Leben halten.
Also: Wieso sollte ich irgendwo zugehören, wenn ich nicht einmal den leisesten Hauch einer Ahnung habe, was diese Menschen so treiben?

Iron Maiden & Avantasia T-Shirts im Schrank – Du bist ein Metalhead!

Ähhhhm, auch das nicht wirklich.
Zugegeben, momentan ist es das Genre, das bei mir rauf und runter läuft. Double Bass ist derzeit meine Droge, von der ich nur sehr schmerzhaft einige Stunden Abstand nehmen kann.
Aber das, woran ich meine Ohren mittlerweile so gewöhnt habe, ist eben nur ein winziger Teil des Metal-Genres. Es käme mir wie Hybris vor, mich mit meinem aktuellen Kenntnisstand als Metaller zu bezeichnen.

Leider sind meine T-Shirts dafür auch einfach nicht bunt genug – das wurde letztens exakt so an mich heran getragen. Überraschenderweise sind Bandshirts von Metal-Bands viel bunter und aufwendiger gestaltet als man denkt. Also bunt auf Schwarz natürlich. Aber das sollte ja klar sein. Meine T-Shirts sind dagegen aber eher Weiß und (mit Glück) Rot auf Schwarz – kurz: schlicht.
Dumm gelaufen, leider aus dem Raster gefallen.
Dazu kommt, dass ich zwar derzeit viel Metal höre, meine Wurzeln aber eher im Punkrock liegen.
Also: Vielleicht bin ich auf dem Weg, mich in der Metal-Schublade nicht unwohl zu fühlen, aber von meinem guten alten deutschen Punkrock werde ich mich vermutlich nie trennen können.

Dann also Punk!

Ich wiederhole mich nur ungern, aber: Ähhhhm, auch das nicht wirklich.
Wobei ich sagen muss, dass das vermutlich die Schublade ist, mit der ich mich lange am ehesten identifizieren konnte und vor allem wollte. Rebellion und immer gegen etwas sein, hat offensichtlich seinen Reiz. Natürlich sahen meine Punker-Bekanntschaften auch immer ultra cool aus wie sie mit den bunten, zerrissenen Klamotten sich einfach überall auf den Boden setzten.

Während ich die letzten Zeilen schreibe, muss ich grinsen. Denn diese eben genannten Punkte habe ich mir mit der Zeit tatsächlich doch selbst zu Eigen gemacht. Meine Klamotten sind zwar nicht bunt, aber ich habe kein Problem, mit meiner ziemlich zerstörten Die-Toten-Hosen-Jacke rumzulaufen, mit einem Shirt darunter, dass ab dem Ellenbogen eher Netzoptik hat und dabei Chucks trage, deren Sohle sich jeden Moment vom Rest lösen könnte – um mich dann doch immer und überall auf den Boden zu setzen.
Aber das ist eben mit Abstand das Punkigste an mir.

Ja, auch der Großteil meiner CD-Sammlung besteht aus deutschem Punkrock, aber:
Findigen Füchsen ist sicherlich schon aufgefallen, dass ich nie sage, dass ich Punk höre, sondern immer auf dem Punk-Rock bestehe. Das hat auch seinen Grund.

Bands wie Die Toten Hosen und die ärzte (jaja, ersparen wir uns die Debatte um „Ist das noch Punkrock?“), Donots und Massendefekt sind für mich Punkrock, weil die Gitarren scheppern und die Jungs das singen, sagen und tun, was sie für richtig und wichtig halten – aber nicht koste es, was es wolle.

Rebell hin oder her, ich bin niemand, der Slime zitierend mit „Deutschland verrecke!“-Parolen ganz links außen durch die Stadt zieht – oder das gutheißt. Das empfinde ich als unreflektiert und entspricht einfach nicht meiner Weltanschauung.
Kurz: Kritik, ja. Parolen, nein. Wie immer im Leben eigentlich.

Also: Wenn ich mich für eine Schublade entscheiden müsste, wäre es diese vermutlich auch nicht.

…und die Moral von der Geschichte

Warum erzähle ich dir diesen ganzen Unfug eigentlich?
Marie Meimberg hat es so schön auf den Punkt gebracht: Sei Du selbst, alles andere wirst Du eh verkacken.

Ich glaube, niemand passt 100%ig in eine Schublade. Die Frage ist daher, ob es für dich okay ist, in Schubladen zu sitzen, die vielleicht zu klein sind, dafür aber gemütlich. Oder ob die eine okay ist, die fürchterlich stinkt, aber Papa findet, es sei die Richtige für dich.

Mache dich unabhängig vom Gedanken daran, in welche Schublade man dich stecken könnte.

Ich wollte nie Klischees erfüllen, obwohl so viele auf mich zutreffen und doch wieder keines.
Ich wollte eigentlich immer so sein, wie die anderen, aber eben anders.
Das alles passt überhaupt nicht zusammen und ergibt kein rundes Bild.
Und das ist mir scheiß egal.

In welche Schublade wurdest Du schon gesteckt? In welcher fühlst Du dich wohl?
Wie stehst Du im allgemeinen zum Schubladendenken?

Lass mir all deine Gedanken zu diesem Thema gern in den Kommentaren da! Ich bin sehr gespannt!

Widmet sich wieder Zahlen und Fakten und verwünscht Statistiken
Unterschrift

Now Playing: Airbourne – No Way but the hard way (unfreiwillig, ich höre Radio)

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